Neulich kam ich zu einer Kundin, die mir vorher geschrieben hatte, sie habe den Eindruck, bei ihrer Stute zwickt etwas. Im Termin erzählte sie dann, dass eigentlich alles super läuft, sie sei hoch zufrieden mit dem Vorwärts und der Leistungsbereitschaft, nur wenn sie Versammlung verlange, hätte sie den Eindruck, irgendwas sei nicht ganz 100 %, die Stute würde beispielsweise beim Angaloppieren auf der linken Hand dann gelegentlich leicht bocken.
Die ganze Befunderhebung und Behandlung verlief sehr unspektakulär. Die Stute gab nirgends deutlich an, keine gröberen Reaktionen von Seiten der Stute wie Abschnauben oder Gähnen, insgesamt einfach unspektakulär. Spektakulär wiederum fand ich, dass die (wenn auch nicht grossen) Befunde der Stute genau dort lagen, wo die Kundin es beschrieben hatte. Wir fanden Genick rechts und Lendenregion plus ISG links alles im geringgradigen Umfang und auch die Reaktionen des Pferdes waren geringgradig.
Ich behandele die Pferde der Kundin, ihrer Schwester und ihrer Mutter schon seit einer Weile gelegentlich... die Kundin ist aber sicher aus dem Trio die Sensitivste. Ihre Mutter kam im Laufe des Termins noch an uns vorbei und sagte, halb im Scherz und halb im Ernst etwas zu ihrer Tochter wie ‚du neigst zu Übervorsicht/Übertreibung/...‘
An dieser Stelle sei ganz klar gesagt, dass es oftmals kleinere Befunde gibt, über die man sicher auch einfach wegreiten könnte, ich möchte keinesfalls dazu aufrufen, "bei jeder Kleinigkeit" den Therapeuten zu rufen. Dennoch ist es nie falsch, sein Pferd gut zu spüren und jeder, der selbst hier oder da mal ein Zipperlein hat, weiss, dass sich gewisse Dinge evtl. von selbst regeln, es aber höchst unangenehm sein kann, wenn man sich in der Zeit einfach normal weiter beansprucht. Und sehr schnell kann aus einem kleineren Befund auch etwas ernsthafteres werden, wenn sich Fehl- oder Kompensationshaltungen manifestieren und man so dauerhaft in einer Fehlbelastung unterwegs ist... dann ist die Behandlung und auch das Nachspiel oftmals aufwändiger als wenn man frühzeitig einschreitet.
Zum Ende der Behandlung schenkte mir das Pferd dann noch ein Gähnen, so dass ich sicher bin, es war gut und richtig, dass ich da war. Unterm Strich bin ich extrem stolz auf die junge Reiterin, die ihr Pferd so wahnsinnig gut spürt und der ich jedes Mal auch Handgriffe zeigen kann, die sie versteht und selbst umsetzen kann. Natürlich ist ein ‚spektakulärer Behandlungsverlauf‘ mit vielen grossen Aha-Erlebnissen was tolles (vor allem hilft es Kunden oft, die Investition auch als lohnend wahrzunehmen) aber in Fällen wie diesem freue ich mich einfach sehr über die enge Bindung zwischen Pferd und Reiter 💜
Hier noch das Feedback der Kundin:
"kurzes Feedback unsererseits: Die Woche nach der Behandlung bin ich leider allgemein sehr wenig zum Reiten gekommen - also eigentlich gar nicht (Abschlussprüfungen) und bin lieber etwas spazieren gegangen. Die letzten vier Tage bin ich aber wieder vermehrt geritten, heute auch gesprungen, und von der Bockerei ist sie bis anhin komplett befreit 😊 gestern an der Longe hat sie auch endlich wieder alle ihre Wechsel durchgesprungen 👏 heute auch zwei-drei Mal bei Gelegenheit unterm Sattel gezeigt, dass es ja eigentlich geht ;)"
So etwas macht mich froh!